Bunter Tag der Stadtgeschichte in der ganzen Stadt: Gleich zum Auftakt sorgten die Schüler*innen der Erich-Kästner-Schule auf dem gefüllten Marktplatz für beste Stimmung. An insgesamt 50 kreativen Stationen unterhielten und informierten Marburgs Schulen mit einem gelungenen Stadtjubiläumsprogramm. (Foto: Sabine Preisler, Stadt Marburg)
18.07.2022
Sabine Preisler
Schüler*innen lassen Stadtjubiläum zum lebendigen Geschichtsbuch werden

Hunderte beim Tag der Stadtgeschichte in ganz Marburg unterwegs

Marburg. Ein gefüllter Marktplatz mit Trachtentanz, Poetry Slam gleich nebenan und ein kräftig applaudierendes Publikum - die ganze Stadt über die Elisabethkirche bis zum Pfarrhof und ins Südviertel war am Donnerstag in Schüler*innenhand: Schon zum Auftakt des „Tags der Stadtgeschichte“ am Morgen erlebten in der Innenstadt Hunderte von Kindern und Jugendlichen, aber auch viele nicht-schulische Gäste an 50 bunten Kreativstationen der Marburger Schulen eine besondere Veranstaltung zum 800. Stadtgeburtstag. 

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„Ich kenne keine Stadt, in der ein gemeinsames Projekt aller Schulen in dieser Größenordnung umgesetzt wurde – wo Schüler*innen aus Grundschulen, Haupt- und Realschulen, Gymnasien, beruflichen Schulen und Abendschulen sich an einer gemeinsamen Aktion beteiligten und sich dafür den öffentlichen Raum der Stadt erobert haben: Das ist Marburg“, freute sich Dr. Bernhard Rosenkötter, bei dem als Archivpädagoge des Hessischen Staatsarchivs die Projektleitung der Veranstaltung lag, über den Erfolg zum Stadtjubiläum. „Der Marburg800-Funke ist auf Schüler*innen und auch Lehrer*innen übergesprungen!“, so ein von der Resonanz begeisterter Stadtjubiläumskurator Dr. Richard Laufner am Morgen inmitten des bunten Programms.

Ausgerichtet wurde der Tag der Stadtgeschichte von der Arbeitsstelle Archivpädagogik am Hessischen Staatsarchiv und vom Staatlichen Schulamt mit dem Stadtjubiläum Marburg800 der Universitätsstadt Marburg und dem städtischen Fachdienst Schule sowie als Programmacher*innen den Marburger Schulen.

50 kreative Stationen quer durch die Stadt

Die Schüler*innen präsentierten dabei am Vormittag ihre Sicht auf Marburg, auf die Spuren vergangener Epochen, aber auch auf Entwicklungen der Zukunft. Das galt zum Beispiel für die Schreibkunst-AG, die ihre Elisabeth-Performance vor der Kulisse der Hospitalruine am Pilgrimstein Dank der großen Nachfrage gleich von drei auf fünf Aufführungen aufstocken konnte. „Das Achten des Miteinanders, den anderen wahrzunehmen“, das sei für sie auch für die Gegenwart wichtig, erklärt Darstellerin und Schülerin Emily Bauer zum Nachdenken über die Heilige Elisabeth mit Musik, Poetry und Philosophie. „Es sind alte Werte, die heute Aktualität haben, um innezuhalten und zu fragen, wie man mit sich und der Umwelt umgeht“, bestärkt das ihr Mitschüler Adrian-Niclas Heidrich von der Elisabethschule. Mit „Our lives matter“ standen Zukunftsfragen mit dem Mikro in der Hand auch im Mittelpunkt für die Jugendlichen der Sophie-von-Brabant-Schule bei ihren Vorträgen vor dem Rathaus in der Oberstadt.

„Ich freue mich, dass die Kinder, Jugendlichen und Schulen beim Tag der Stadtgeschichte zeigen können, wieviel Potenzial, Freude und Mut in ihnen steckt“, so Santina Poetsch, Leiterin des städtischen Fachdienstes Schule. Das Programm hatten Kinder und Jugendliche aus 18 Marburger Schulen vorab in Projekten vorbereitet. Alle anderen Schüler*innen Marburgs waren ebenfalls eingeladen, unterwegs zu sein. Denn im Rahmen eines Projektages stand Tag der Stadtgeschichte statt Unterricht auf dem Stundenplan. Dafür hatte das Staatliche Schulamt grünes Licht gegeben. „Dieser Tag zeigt die Verbundenheit von Schule und Stadt, das Miteinander und war eine schöne Möglichkeit sich zu vernetzen, sich wertzuschätzen und die Vielfalt von Marburgs Schulen zu erleben“, betonte auch Gesche Herrler-Heycke, stellvertretende Leiterin des Staatlichen Schulamtes, beim Rundgang am Donnerstag.

Die bunten Angebote verteilten sich dabei auf den Bereich des Stadtzentrums zwischen Elisabethkirche, Schloss und Lutherischem Kirchhof im Norden, der Schulstraße im Süden und der Leopold-Lucas-Straße im Westen. Mit Ständen vertreten waren Abendschule, Adolf-Reichwein-Schule, Astrid-Lindgren-Schule, Brüder-Grimm-Schule, Elisabethschule, Erich-Kästner-Schule, Emil-von-Behring-Schule, Waldorfschule, Geschwister-Scholl-Schule, Philippinum, Käthe-Kollwitz-Schule, Kaufmännische Schulen, KunstWerkStatt, Steinmühle, Otto-Ubbelohde-Schule, Martin-Luther-Schule, Sophie-von-Brabant-Schule und Waldschule Wehrda.

„Eine Herausforderung, aber ein Riesenspaß zum Schuljahresende“, „Schule dürfte öfters so lebendig sein“ und „Freiraum abseits vom sonstigen 45-Minuten-Takt“ lauteten nur einige der Kommentar von an der Vorbereitung und Ausführung beteiligten Lehr*innen.

Die thematische Vielfalt, die so letztlich beigesteuert werden konnte, war am Donnerstag groß: Wer an der alten Universität den Nachbau einer Dampfmaschine von Papin miterleben wollte war beim Tag der Stadtgeschichte genauso richtig wie beim Nachstellen alter Klassenfotos mit dem Philippinum,  beim Tanz der Erich-Kästner-Schule, bei Theateraufführungen wie zur Sage vom Weißen Stein oder bei fantasievollen Märchenwelten der Brüder-Grimm-Schule. Aber auch „Rebellions-Kultur“ oder Eurythmie gehörten zur Jubiläumsveranstaltung, die Marburg quer durch die Stadt zum lebendigen Geschichtsbuch machte.

„Eine coole Atmosphäre“ sei entstanden, so Schülerin Mascha Hallenberger, die mit Klassenkamerad*innen die Stadt entdeckte und einen Tanz-Flashmob zu ihren Favoriten zählte, während sich andere gerade für Latein-Inschriften an Marburgs Häusern begeisterten.  Stadtrundgänge informierten über Jüdisches Leben, eine digitale Stadtrallye lud genauso zum Mitmachen ein wie eine Schnitzeljagd durch die Historie.  Weitere Stationen führten zum Leben im Mittelalter oder in der NS-Zeit. Im Mittelpunkt standen aber auch Informationen über berühmte Wissenschaftler*innen, die aus Marburgs Schulen hervorgegangen sind, oder über Namensgeber*innen von Marburger Schulen wie Adolf Reichwein, Otto Ubbelohde oder Sophie von Brabant - modern aufbereitet mit Podcasts, QR-Codes und passenden Karten.

Lernen konnten Besucher*innen zudem etwas über die Geschichte der Wasserversorgung der Stadt und über die zum Teil wechselvolle Geschichte von Straßennamen. In die Lage von Kriegsheimkehrern und von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg versetzte ein Empfangsbuffet mit zeitgenössischem Essensangebot. Videodarstellungen über die Schule im Kaiserreich gehörten genauso zum „Tag der Stadtgeschichte“ wie Arbeiten aus dem Kunstunterricht.

„Zum Ende des Schuljahres, nach zwei Jahren pandemiebedingtem Rückzug und vielleicht zum ersten Mal in 800 Jahren Geschichte hat sich der Schulstandort Marburg damit in einem andersartigen Format gezeigt: Für einen Vormittag gehörte die Innenstadt den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Marburger Schulen“, dankte Stadträtin und Schuldezernentin Kirsten Dinnebier allen Beteiligten für ihren Einsatz. Die Veranstaltung wurde von der Sparkasse Marburg-Biedenkopf unterstützt.

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