Das Marburg von morgen: Grüner und gerechter
FRIDAYS FOR FUTURE ZUR STADT DER ZUKUNFT
Auf 800 Jahre blickt die Stadt Marburg zurück und hat sich in dieser Zeit stark verändert. Große Veränderungen wünschen sich auch heute gerade junge Menschen. Die internationale Bewegung Fridays for Future geht dafür seit 2018 regelmäßig auf die Straße, organisiert Schulstreiks und fordert von der Politik eine rasche Bewältigung der Klimakrise — auch in Marburg.
Zu denen, die in Marburg im Organisationsteam von Fridays for Future aktiv sind, gehören Bosko van Andel und Demian Botros. Und natürlich haben sie eine Vorstellung, wie das Marburg der Zukunft aussehen könnte: grüner, ohne Autos, mit Wohnraum für alle.
Der 19-Jährige Bosko van Andel engagiert sich seit zweieinhalb Jahren für Fridays for Future, kümmerte sich um die Öffentlichkeitsarbeit, hat zeitweise beim Marburger Klimabündnis mitgewirkt und engagiert sich außerdem als stellvertretender Schulsprecher. Demian Botros ist 21 Jahre alt, studiert Chemie und ist an vielen Stellen aktiv: bei Fridays for Future, im Klimabeirat des Landkreises Marburg-Biedenkopf, im Beteiligungsbeirat der Stadt Marburg, beim „Wattbewerb“ und auch noch im Landesverband der Pfadfinder. Beide haben klare Vorstellungen von einem Marburg der Zukunft, wie es idealerweise aussehen sollte: Für kürzere Strecken sei im Marburg der Zukunft das Fahrrad das normale Verkehrsmittel, ansonsten sei der ÖPNV kostenlos und so ausgebaut, dass man auch aus den Außenstadtteilen alles erreichen könne. „Keine Autos mehr in der Innenstadt — und wenn, dann kleine Elektrofahrzeuge, die im Car-Sharing in Einzelfällen genutzt werden“, sagt van Andel. Nachhaltige Energie sei so ausgebaut, dass man sie überall einsetzen könne
Natürlich bedeute das dann auch saubere Luft und sehr viel weniger Lärm, sagt Botros. Das Marburg der Zukunft sei also ruhiger — und viel grüner. Wenn Parkplätze für Autos wegfallen würden, gebe es weniger versiegelte Flächen, entstehe Raum für Grünflächen und Plätze, wo Menschen sich aufhalten und zusammenkommen können, sagen sie.
„Und es muss mehr Wohnraum entstehen — auch außerhalb und gut angebunden“, betont van Andel. Denn bezahlbarer Wohnraum für alle sei ein wichtiger Aspekt der Stadt von morgen. „Die Klimabewegung ist auch eine Gerechtigkeitsbewegung“, betont der 19-Jährige. Und so gehe es auch darum, anders zu verteilen und anders zusammenzuleben. Dazu gehörten auch nachhaltige Wirtschaft und nachhaltige Produkte aus der Region, die lange halten und die auch gemeinsam genutzt werden können.
Eine Stadt ohne Verkehrslärm und verstopfte Straßen, mit viel Grün und Raum für Miteinander, Lebensraum statt Parkraum und eine Gesellschaft, die Dinge gemeinsam nutzt, anstatt dass jeder alles selbst besitzen muss — dass dies nicht einfach zu erreichen ist, wissen die beiden. Dennoch: „In Barcelona gibt es schon Straßenblocks, aus denen Autos weitgehend verbannt sind.“ Es gibt Gärten auf der Hauptstraße und Sportangebote auf den Fahrbahnen — und die Bewohner*innen dieser Blocks, die sich anfangs gegen die Pläne gewehrt haben, sind inzwischen sehr zufrieden. Noch sind das nur Inseln in der Stadt — doch die Menschen würden feststellen, „dass es nicht nur darum geht, Komfort aufzugeben, sondern in einer lebenswerteren Umgebung zu leben. Wenn man in einer Stadt an einer Stelle damit anfängt, kann man es ausweiten“, sind van Andel und Botros überzeugt. 800 Jahre dauern müsse das aber nicht.
Heike Döhn ist freie Journalistin und sprach für Marburg800 mit den beiden Vertreter*innen von Fridays for Future über ihre Vorstellungen.
Im Rahmen der Zukunftsreihe "Marburg800 weiter denken" hatte das Stadtjubiläum zum Thema "Städte für Menschen" bereits den international renommierten Stadtplaner Jan Gehl nach Marburg geholt. Mehr Infos und die Aufzeichnung zu seinem Vortrag finden Sie hier.